Forschungsgruppe "3D(mikro)HTS"
Gefördert durch:
Um in der modernen Pharmaforschung die Aussagekraft von Wirkstoffuntersuchungen zu erhöhen und somit die Kosten zu reduzieren, rücken zunehmend 3D-Zellkulturmodelle (3D-Modelle) auf der Basis von Sphäroiden in den Vordergrund [1]. 3D-Modelle berücksichtigen in vivo-nah die komplexe zelluläre Organisation, Heterogenität und Wechselwirkungen zwischen Zellen und extrazellulärer Matrix (ECM) [2].
Im Rahmen der Forschungsgruppe "3DµHTS" wird eine tropfenbasierte mikrofluidische Plattform mit Funktionsmodulen erweitert, um ein Wirkstoffscreening von der Entwicklung der Sphäroide aus Einzelzellen bis zur Auswertung der Dosis-Wirkungsreaktion in einem System automatisiert durchzuführen. Diese Einsystemlösung wird die Reproduzierbarkeit signifikant erhöhen und durch den hohen Automatisierungsgrad den Zeitaufwand und die Kosten für Wirkstoffuntersuchungen reduzieren.
Details
- Tropfenbasierte Mikrofluidik
Bei tropfenbasierten Verfahren wird nicht nur mit deutlich kleineren Probenvolumen (im Bereich von µl- bis pl) gearbeitet, auch werden durch die Miniaturisierung nur geringe Wirkstoffmengen benötigt, was kosteneffizienter ist. Ein weiterer Vorteil liegt in der geschlossenen Anordnung solcher Systeme, wodurch Verdunstungseffekte deutlich minimiert und die Proben sowie der Nutzer vor Kontaminationen geschützt werden. Zudem ermöglichen tropfenbasierte Verfahren ein hohes Maß der Automatisierung und die Proben (zellhaltige Medientropfen) liegen in einem optisch transparenten Schlauch vor. Dies ermöglicht die Erfassung und Analyse von Sphäroiden aus verschiedenen Blickwinkeln mit mikroskopischen und spektroskopischen Methoden.
- Hochdurchsatz-Screening (HTS)
Das Hochdurchsatz-Screening (HTS) auf der Basis von Mikrotiterplatten (MTP) ist ein etabliertes Verfahren für Wirkstoffuntersuchungen, jedoch können hierbei 3D-Modelle nur unter Einschränkungen untersucht werden. Aus diesem Grund hat das iba in den zurückliegenden Jahren eine technologische Basisplattform entwickelt, um den Herausforderungen an HTS-Verfahren auf der Basis von 3D-Modellen gerecht zu werden. Diese Plattform beruht auf dem Prinzip der tropfenbasierten Mikrofluidik und bietet entscheidende Vorteile in Bezug zu MTP-Verfahren [3, 4].
- Inhalte der Forschungsgruppe
Die technologische Basisplattform wird im Rahmen der Forschungsgruppe 3DµHTS mit einem Imaging-, Raman- und Gigahertzsystem erweitert. Das mikroskopische Imaging System dient hierbei zur Analyse der biologischen Proben (den Zellen und den sich daraus bildenden Sphäroiden im Tropfen), während die Raman- und Gigahertzspektroskopie die Analyse der Tropfenmedien ermöglicht. Diese drei Inline-Systeme gewährleisten eine zeitgestaffelte Multiparameteranalyse jeder Probe und unterstützen in Kombination mit einer KI-Software eine umfassende Beurteilung des HTS-Prozesses. Das Anlernen der KI-Software erfolgt in diesem Projekt über umfangreiche Entwicklungsstudien zur Sphäroidbildung aus unterschiedlichen Zelltypen und dem anschließenden Wirkstoffscreening.
Die Entwicklungsstudien werden eine umfassende Datenbasis schaffen und Fragen zur Selbstorganisation von homo- und heterotypischen Sphäroiden im Mikrosystem und zum Verhalten primärer Gewebefragmente in Mikrokulturen beantworten.
Um das Anlernen der KI-Software weiter zu unterstützen, werden zusätzliche At- und Offline Analysen eingesetzt. Im Projekt dient hierbei ein Lichtblattfluoreszenzmikroskop (LSFM) zur Atline- und histologische Untersuchungen zur Offline-Analyse der Sphäroide. Diese Analysen dienen hauptsächlich dem Training der KI, um damit zukünftig zusätzliche At- und Offline Untersuchungen einsparen zu können. Die Ergebnisse dieser Analysen fließen jedoch in die KI-Entwicklung ein und werden in Verbindung mit den Inline-Analysesystemen zur Auswertung zukünftiger Untersuchungen beitragen.
Die Validierung der HTS-Plattform und der entwickelten KI-Software erfolgt durch weitreichende Wirkstoffscreenings. Hierbei wird die Zellviabilität über eine zusätzliche Inline-Fluoreszenzanalyse bestimmt und entsprechend der untersuchten Wirkstoff/Zelltypen-Kombination die entsprechenden IC50-Werte ermittelt.
- Industriebeirat
Allgemein profitiert die Forschungsgruppe vor allem durch einen regen Austausch aller Beteiligten und der gemeinsamen Analyse der gewonnenen Daten, um insbesondere die Entwicklung von 3D-Zellkulturen im Tropfen und deren Reaktion auf Wirkstoffe statistisch belastbar beurteilen zu können.
Zusätzlich sind weitere Spezialisten für verschiedene Themenschwerpunkte über den Industriebeirat, der auch Partner aus dem klinischen Bereich einschließt, in die Forschungsgruppe involviert. Dieser Beirat wird mit seinem Knowhow, direkt aus der Anwendung, die Umsetzung der Forschungsschwerpunkte unterstützen.
Aufgaben der Promovierenden
- Biotechnologie/Bioverfahrenstechnik
Der Fokus liegt auf der Optimierung der 3DµHTS-Plattform, sowie der tropfenbasierten 3D-Zellkulturen inklusive abschließender Wirkstoffuntersuchungen. Zudem erstreckt sich das Aufgabengebiet auf die Bedienung der Raman-Spektroskopie und des Durchfluss-Imagingsystems. Darüber hinaus werden weitere Methoden zur Analyse der metabolisierten Zellmedien außerhalb des Mikrosystems durchgeführt, um die Raman-Spektren der Proben gezielt interpretieren zu können. Auch liegen Viabilitätsanalysen zur Ermittlung der IC50-Werte mittels Durchfluss-Fluoreszenzspektroskopie im Aufgabenfeld. Weitere Aufgaben sind die Auswertung der Daten und deren Aufbereitung zum Anlernen der KI im Kontext mit den Ergebnissen der anderen Promovierenden.
- Entwicklung von 3D-Tumormodellen
Der Fokus liegt auf der Etablierung und Vorbereitung der homo- und heterotypischen 3D-Zellkulturmodelle auf Basis von Zelllinien, Primärzellen und gegebenenfalls Patientenmaterial. Diese werden anhand molekularbiologischer, histologischer wie auch 3D-mikroskopischer LSFM Methoden analysiert und bewertet. Zudem werden die Ergebnisse des Zellprofilings für das Training der KI Analyse aufbereitet und zum Abgleich der Auswertungen der anderen Forschenden bereitstellen und mit diesen diskutieren.
- Hochfrequenztechnik/Elektrotechnik
Der Fokus liegt auf der Entwicklung und dem Aufbau einer Multifrequenz-Gigahertz Spektroskopie zur Charakterisierung der Zellmedien (Tropfen im Mikrosystem) im Durchfluss. Zur Charakterisierung der Messtechnik werden in einem ersten Schritt definierte Medienzusammensetzungen mit der neu entwickelten Gigahertz-Spektroskopie untersucht. Diese Daten werden im Kontext mit den Ergebnissen der anderen Promovierenden zum Anlernen der KI aufbereitet.
- Informatik
Der Fokus liegt auf der Entwicklung und dem Aufbau eines geeigneten Neuronalen Netzes für die Datenbeurteilung. In diesem Kontext werden Sie die anderen Promovierenden beim Aufbereiten der generierten Daten unterstützen, sodass diese zum Anlernen der KI verwendet werden können. Allgemein profitiert die Forschungsgruppe vor allem durch einen regen Austausch aller Beteiligten und deren gewonnenen Daten, um insbesondere die Entwicklung von 3D-Zellkulturen im Tropfen und deren Reaktion auf Wirkstoffe statistisch belastbar beurteilen zu können.
Publikationen
- Lemke, K., et al., A modular segmented-flow platform for 3D cell cultivation. J Biotechnol, 2015. 205: p. 59-69.
- Widder, M., et al., A modified 384-well-device for versatile use in 3D cancer cell (co-)cultivation and screening for investigations of tumor biology in vitro. Eng Life Sci, 2018. 18(2): p. 132-139.
- Wiedemeier, S., et al., Parametric studies on droplet generation reproducibility for applications with biological relevant fluids. Eng Life Sci, 2017. 17(12): p. 1271-1280.
- Wiedemeier, S., et al., Precision moulding of biomimetic disposable chips for droplet-based applications. Microfluidics and Nanofluidics, 2017. 21(11).
Ansprechpartner
Dr.-Ing. Stefan Wiedemeier
Bioprozesstechnik
+49 3606-671-435
+49 3606-671-200
stefan.wiedemeiernoSpam@iba-heiligenstadt.de